
Begleitprogramm zur Ausstellung „Licht und Quell“
14. Juli 2020
Erster Baustellengottesdienst und das Ende der Ausstellung
12. August 2020Wie Petrus nach seiner Restaurierung zurück auf die Turmspitze gelangte
Am 22. Juli 2020 endete die Zeit der Wanderschaft von Petrus, der Wetterfahne der Stiftskirche. Nach mehrwöchigem Aufenthalt in der Stuttgarter Werkstatt der Metallrestauratorin Ariane Brückel und anschließend im Baden-Badener Kaufhaus Wagener Galerie heißt es nun für ihn: zurück auf die Kirchturmspitze!
Schützende Hände greifen nach Petrus
Auf ein Holzbrett gelegt, mit einem blauen Spanngurt gesichert und von Plastikfolie umhüllt geht es zunächst ganz bequem mit dem Gerüstaufzug nach oben. Doch nun sind die letzten Meter zu meistern – und die haben es in sich. Unter vollem Einsatz von Restauratoren, Architekt Thomas Halder und Pfarrer Michael Teipel wird Petrus an einem Seil händisch etappenweise hinaufgezogen. Hin und wieder baumelt die 22 kg leichte Silhouette in der Luft, doch jedesmal greifen sogleich schützende Hände vom Gerüst aus nach ihm, so gut es das Turmnetz eben zulässt. Hoch oben wartet bereits Pfarrer Michael Teipel, bereit, im richtigen Moment zuzupacken.
- Die ersten Meter geht es mit dem Aufzug nach oben
- Schützende Hände greifen nach der Wetterfahne auf dem Weg nach oben
- Ganz oben wird Petrus von Pfarrer Teipel in Empfang genommen
Fotos: Torben Beeg
„Der Heiligenschein war abgeknickt, der Kopf hing schief“
Und zudem: Bei seiner Restauration vor 65 Jahren musste Petrus die ganzen 60 m komplett am Seil baumelnd zurücklegen – erzählt ein Zeitzeuge und zieht ein Schwarz-weiß-Foto aus seiner Jackentasche, auf dem Petrus auf halber Höhe vor dem Turm schwebt. Ein zweites Foto zeigt ihn – zwischenzeitlich hat er sich als Herr Hefter vorgestellt – als Fünfjährigen neben der Petrus-Silhouette vor der Kirche. Sein Vater war damals Kirchendiener der Stiftskirche, die Familie wohnte sogar am Marktplatz, und entsprechend eng war seine Verbindung zur Stiftskirche von Kindheitsbeinen an, später war er als Kirchenrechner tätig.
Mitgebracht hat er zum heutigen Ereignis Willi Hurrle. In seiner Blechnerei in der Drachengasse war Petrus 1955 restauriert worden. „Sein Heiligenschein war abgeknickt, der Kopf hing schief,“ berichtet dieser. In der Blechnerei Hurrle wurde alles wieder ordentlich hergerichtet und auch eine Verstärkung am Schlüssel angebracht.
Mitgebracht hat er zum heutigen Ereignis Willi Hurrle. In seiner Blechnerei in der Drachengasse war Petrus 1955 restauriert worden. „Sein Heiligenschein war abgeknickt, der Kopf hing schief,“ berichtet dieser. In der Blechnerei Hurrle wurde alles wieder ordentlich hergerichtet und auch eine Verstärkung am Schlüssel angebracht.
Der allerletzte Handgriff für vollendete Schönheit
Stopp!, ruft es von oben. Dann: Weiter! Weiter! Gleich ist es geschafft. Pfarrer Teipel greift behände zu und hievt Petrus über die Gerüstbrüstung. Vorsichtig wird er nun von seiner Plastikumhüllung befreit. Die eigentliche Installation besteht im Grunde genommen nur aus einem einzigen Handgriff: einmal hochheben und mit dem angebrachten 1,20 Rohr auf den vorhandenen Stiel ablassen – fertig.
Doch, ach Du Schreck, die Metallrestauratorin bemerkt eine kleine Stelle, an der ein wenig Blattgold abgeblättert ist. Doch ist sie für solche Fälle gerüstet. Aus ihrer Tasche zieht sie ein kleines Heftchen mit Blattgold auf Seidenpapier. Pfarrer Teipel hält Petrus fest, während Ariane Brückel die Stelle ausbessert. Denn Petrus möchte sich nur allzu gern im Winde drehen.
- Die letzten Makel werden ausgebessert
- Erste Hilfe Set einer Restauratorin
- Petrus ist zurück auf der Turmspitze
Und Petrus strahlt in neuem Glanz
Ariane Bückel legt ihr Goldheftchen zur Seite. Die letzte Schönheitsprozedur ist vollbracht. Pfarrer Teipel lässt los. Nun darf sich Petrus endlich wieder im Winde drehen. Auch wenn die Arbeiten am Turm noch eine gute Weile weitergehen werden – dieser Meilenstein ist geschafft. Nun, um die Mittagszeit, sendet die Sonne ihre Strahlen in voller Pracht. Neu vergoldet, spiegelt Petrus ihre Strahlen mit prächtigem Glanz zurück – sichtbar für die ganze Stadt.
Zeitkapsel als Hinterlassenschaft für die Kommenden
Die Silhouette mit dem markanten Strahlenkranz – die in letzter Zeit nicht zuletzt durch die Ausstellung im Kaufhaus Wagener Galerie zu einiger Berühmtheit gelangte – ist endlich wieder an ihrem angestammten Platz angekommen. Seit 300 Jahren wacht sie hier über die Stiftskirche und Baden-Baden, reckt ihren goldenen Schlüssel hoch und zeigt den Wind an. Bleibt zu hoffen, dass Petrus hier oben auf den 3 Welschen Hauben nun für einige Jahrzehnte ungestört die herrliche Aussicht genießen kann.
Und wenn dann irgendwann in ferner Zukunft eine Restauration anstehen sollte, werden die dann für diese Verantwortlichen eine Zeitkapsel in der Kugel finden, auf der die Figur steht.
Sie werden, in Feinschrift von Schwester Dorothea vom Kloster Lichtenthal auf edlem Papier notiert, erfahren, wer an der Renovierung der Stiftskirche mitgewirkt hat. Sie werden über die politische Lage in Europa und der Welt sowie die Situation der katholischen Kirche in Deutschland und in Baden-Baden erfahren und: dass 2020 im Zeichen der Corona-Epedemie stand. Als Beigabe werden sie eine aktuelle Zeitung vorfinden, eine 2-Euro-Münze, einen kleinen Kreuz-Anhänger aus dem Stiftskirchenfundus und die Zeitkapsel von 1912, die sich in der Kugel bereits befand.
Sie werden, in Feinschrift von Schwester Dorothea vom Kloster Lichtenthal auf edlem Papier notiert, erfahren, wer an der Renovierung der Stiftskirche mitgewirkt hat. Sie werden über die politische Lage in Europa und der Welt sowie die Situation der katholischen Kirche in Deutschland und in Baden-Baden erfahren und: dass 2020 im Zeichen der Corona-Epedemie stand. Als Beigabe werden sie eine aktuelle Zeitung vorfinden, eine 2-Euro-Münze, einen kleinen Kreuz-Anhänger aus dem Stiftskirchenfundus und die Zeitkapsel von 1912, die sich in der Kugel bereits befand.